"Wenn ich irgendwann nur noch Mutter bin, sagst Du mir aber bescheid, ja?" Während meiner Schwangerschaft hatte ich meine Freundin gebeten, nicht zuzulassen, dass ich eines Tages nur noch in praktischen Klamotten mit praktischen Schuhen über die Konsistenz von Babykacke referieren würde.
Ich wollte so bleiben, wie ich bin. Mütter waren für mich Frauen, die einst gut ausgebildet im Berufsleben der Männerwelt die Stirn boten, die sich aber mit der Geburt ihres Kindes dafür entschieden, fortan mit ungewaschenen Haaren und im Schlafanzug zu Hause zu sitzen und sich die Augenbrauen zuwachsen zu lassen. Keine Zeit für Kaffee, Kino, Freundinnen. So würde ich nicht werden! Ich nicht! Ich nahm mir vor, ganz normal weiterzuleben.
Wenn ich heute nach knap zwei Jahren als Mutter Bilanz ziehe muss ich zugeben, dass es Zeiten gab, in denen man mich meistens zu Hause und meistens in Trainingshose antraf, und in denen ich außer Babythemen nicht wirklich Interessantes zu berichten hatte. Über meinen Plan "ganz normal weiterzuleben" könnte ich mich heute kaputtlachen (süß, haha!), aber insgesamt ist doch einiges von der alten Mia übriggeblieben. Meine Freundin ist da wohl anderer Meinung und kommt nun meiner damaligen Bitte nach. Sie erklärte mir kürzlich, sie sei wirklich enttäuscht, denn von mir hätte sie nicht gedacht, dass ich zu einem solchen Muttertier mutieren würde. Seufz, ich muss ja bloß schon Chef, Mann und Sohn gerecht werden. Jetzt hab ich auch noch meine Freundin enttäuscht.
Meine Freundin ist Single ohne Kind. Sie vermisst die Zeiten, in denen wir beide auf einer Party noch einen letzten Drink im Sonnenaufgang genommen haben, bevor wir nach Hause gingen um uns den ganzen Sonntag über gründlich auszuschlafen. Sie macht das immernoch, allerdings jetzt mit anderen Freundinnen und nicht mehr mit mir. Früher hatte ich Spaß daran, am nächsten Tag die Vor- und Nachteile der jeweiligen Abendbegleitung ausführlich zu bequatschen. Heute finde ich das total langweilig. Da sitze ich mit meinem Sohn in einem Berg von Legosteinen auf dem Fußboden, während ich mir am Telefon Geschichten über einen One-Night-Stand anhöre. Das kommt mir so unwirklich vor.
Ist es spießig von mir, dass ich mir wünsche, meine Freundin hätte auch Mann und Kind?
Sie ist meine Freundin. Irgendwie habe ich das Gefühl, ich bin es ihr schuldig, dass ich hin und wieder zu Besuch in ihr Leben komme. Andererseits: Muss ich, um eine gute Freundin zu sein alle paar Wochen mit ihr eine Nacht durchfeiern auch wenn ich darauf überhaupt keine Lust habe, ? Oder muss sie sich vielleicht nach mir richten, weil das für sie viel einfacher ist, denn sie muss sich nicht mit ihrem Mann absprechen, ggf. einen Babysitter organisieren und am nächsten Morgen trotzdem um 7: 00 Uhr aufstehen.
Einmal mehr seit ich eine Mutter bin, muss ich einen Kompromiss finden. Bloß: Wo liegt die goldene Mitte zwischen Partynächten und Spielplatznachmittagen? Müssen wir beide im Wechsel Dinge tun, auf die wir keine Lust haben, oder gibt es einen Kompromiss, der für uns beide in Ordnung ist?
Gelegentlich treffen wir uns zum abendessen bei uns zu Hause, wenn der Sohn schon im Bett ist. Manchmal sitzen wir dort bis spät in der Nacht. Diese Abende finde ich super. Sie scheint damit nicht zufrieden zu sein. Wenn sie mit mir ausgehen will, dann will sie von Mann und Kind nichts hören. Sie will das ganz beiseite schieben. Sie will mich für sich alleine haben.
Der Punkt ist: ich bin glücklich in meiner Vater- Mutter-Kind-Welt. Mir fehlt nichts. Nur meine Freundin manchmal...
Kennt Ihr das auch? Oder kennt ihr vielleicht die andere Perspektive?
Eure Mia
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